Woher kamen die Smole?
Das Elternhaus meiner Mutter, welche mit Mädchennamen Smole hieß, ist seit mehr als 280 Jahren in Familienbesitz. Eine Kontinuität über so einen langen Zeitraum konnte ich bei anderen Linien meines Stammbaumes bis jetzt noch nicht feststellen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erscheinen die Smole im Landgericht Finkenstein. Doch woher kamen sie?
Die frühesten Vorfahren
Primus I. und II. Smole
Primus (lat.) steht für Erster und so heißt auch der erste fassbare Vorfahre in dieser Genealogie. Sein erster urkundlicher Beleg findet sich am 26. Okt. 1681. An diesem Tag fungierte er als Taufpate eines Bartholomäus Schimonitsch, welcher in Kopain zur Welt kam. Zu diesem Zeitpunkt war er vielleicht noch ledig. In den Protokollbüchern der Grundherrschaft Finkenstein ist er am 8. Apr. 1684 erstmals zu finden. An diesem Tag kaufte er die Arich-Keusche in Altfinkenstein (damals lag sie in Mittergreuth) von Barthlme Meißlizer freystüfftsweis — wie es damals hieß. Das bedeutete zu dieser Zeit eine Art Pachtverhältnis. Er konnte vom Grundherrn, dem Grafen von Dietrichstein, jederzeit abgestiftet werden. Bartholomäuß Meißlizer dürfte aber nur kurz Besitzer gewesen sein. Als frühester Besitzer ist Heinrich Rechenpacher eruierbar, welcher dort 1679 gestorben ist. Auf ihn dürfte auch der Vulgoname zurückgehen. Arich ist eine Dialektform von Heinrich.

Primus I. war mit Agnes verheiratet und hatte mit ihr mindestens 8 Kinder. Geboren dürfte er Mitte des 17. Jahrhunderts sein. Sein erster urkundlich bezeugte Sohn war Georg, geboren am 27. März 1685 in Greuth, Pfarre St. Stefan bei Finkenstein. Das dritte Kind (mein Vorfahre) hieß wie der Vater Primus und wurde ca. 1687 geboren. Die Geburtseintragung ist leider nicht vorhanden, da das betreffende Geburtenbuch Lücken aufweist. Laut Altersangabe bei der Eheschließung lässt sich sein Geburtsjahr aber ungefähr eruieren. Er heiratete am 8. Okt. 1725 in Mallestig Helena Langsam. Er war der Vater von 9 Kindern und verstarb am 29. Jän. 1759 in Goritschach. In den alten Herrschaftsakten wird der Name auch Schmolle oder Schmalle geschrieben.
Die fehlende Geburtseintragung von Primus II. ließ anfangs einen toten Punkt aufkommen. Schließlich suchte ich alle Namensträger aus den frühen Geburts- und Trauungsbüchern der Pfarre heraus und bildete teils mehrere unabhängige Stammbäume. Man muss sich das wie eine Puzzle-Arbeit vorstellen. So konnte ich den Zusammenhang zwischen Primus I. und II. rekonstruieren.
Im Dienste der Grundherrschaft
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts dürten die Smole ein gewisses Naheverhältnis zu den Pflegern auf der Burg Finkenstein gehabt haben. Damals war Thomas (II.) Ainether (seit 1718 Reichsritter von und zu Aineth) Pfleger der Dietrichstein'schen Freiherrschaft Finkenstein. Neben seiner Tätigkeit als Pfleger war er auch Berggerichtsverwalter, Mautner und Wirt zu Arnoldstein. Dessen Tochter Regina Lucia Josefa von Aineth fungierte bei einigen Kindern von Urban Smole als Taufpatin. Zwei Töchter erhielten dadurch den eher hierorts ungebräuchlichen Namen Regina (eine starb nach wenigen Jahren, die nächste bekam den selben Namen). Von Jakob, dem Sohn Urbans weiß man, dass er Schloß-Zimmermeister war. Vielleicht übte bereits Primus I. und der II. dieses Handwerk aus.
Die leider etwas dürftigen Akten der Herrschaft Finkenstein (Anm.: Aus Dummheit und Unachtsamkeit wurde ein Teil zu Beginn des 20. Jahrhunderts vernichtet) lieferten auch die Information, dass Georg Smole (vlg. Arrich) bis 1794 Rottmann in Greuth war. Danach wurde er wegen Unstimmigkeiten der Bevölkerung abgelöst. Ein Rottmann war Vorsteher einer Ortschaft und fungierte als eine Art Mittelsmann zwischen Grundherrschaft und Untertanen.
Vulgo Arrich

Die Arich-Keusche Nr. 8 in Altfinkenstein (vormals Mittergreuth) ging nach Primus I. auf seinen zweitältesten Sohn Urban (geb. 13.05.1686 in Greuth) über. Dieser heiratete am 18.05.1716 in St. Stefan bei Finkenstein Elisabeth Petermann, welche aus Krainberg stammte. Das Paar hatte 7 Kinder. Ihm folgte als Besitzer sein Sohn Jakob Smole. Dieser war mit Agnes Walluschnig verheiratet und hatte 9 Kinder. Danach folgt dessen Sohn Georg Smole als letzter Besitzer. Am 26.01.1795 geht die Keusche mittels Kaufvertrag in den Besitz eines Mathias Zollner über, danach wechseln die Besitzer. Die früheren Besitzer der Arich-Keusche dürften alle Zimmermeister der Burg Finkenstein gewesen sein. Von Jakob ist dies jedenfalls bezeugt.
In der Stube soll es einen Deckenbalken mit der Jahreszahl 1777 gegeben haben. Außerdem waren an den Außenwänden zahlreiche Heiligenbilder und Ornamente angebracht. Die meisten Bauernhäuser dieser Gegend waren sich in der Bauweise sehr ähnlich. Zumeist war nur ein Teil des Erdgeschosses gemauert. Der Rest war in Blockbauweise durchgehend aus Holz gefertigt. Im gemauerten Teil gab es auf jeden Fall eine schwarze Kuchl. Vom Haustypus handelt es sich wohl um das Rosentaler Haus. Leider wurden die meisten Häuser ab den Fünfziger Jahren modernisiert und ihres ursprünglichen Charakters beraubt. Die Fenster wurden vergrößert, Ornamente und Heiligenbilder überstrichen, Holz musste Ziegel und Beton weichen. In der Nachkriegszeit konnte man mit Althergebrachten wenig anfangen. Wie auch in anderen Häusern wurde hier bei einem Umbau ein Hohlraum mit einem Topf gefunden. Inhalt befand sich darin keiner.
Georg Smole war mit Elisabeth Gailer verheiratet und hatte zumindest drei Kinder. Er dürfte mit seiner Familie in eine andere Gegend gezogen sein.
Smole vulgo Popouniak
Von Primus II. weiß man, dass er um 1725 Bediensteter (Servus) auf der Burg Finkenstein war. Am 10. Juni 1730 wurde er Besitzer der Popouniak-Keusche in Goritschach, an der vorher Valentin Kofler seßhaft war. Woher der etwas eigentümliche Vulgoname kommt, ist nicht geklärt. Laut Bertrand Kotniks Aufzeichnungen über die Urpfarre Maria Gail soll der Name etwas mit einem Behältnis für Asche zu tun haben (pepelnják = der Aschekasten). Das Anwesen befindet sich auf einem kleinen Hügel südlichöstlich des eigentlichen Ortskernes. In den Matriken wird diese Örtlichkeit auch des Öfteren als Mozillach (zu deutsch: bei der feuchten Gegend) bezeichnet. In einem Stiftsregister von 1741 wird die Keusche auch als Popoignakh geschrieben. Seit Primus II. ist die Popouniak-Keusche Nr. 18 in Goritschach in ununterbrochener Folge in Familienbesitz geblieben.
Primus II. heiratete am 8. Okt. 1725 in St. Stefan bei Finkenstein die aus Mallestig gebürtige Helena Langsam. Das Paar hatte 9 Kinder. der zweitälteste Sohn Anton folgte als Besitzer vlg. Popouniak. Er wurde am 12. Jan. 1732 geboren und heiratete am 20. Juni 1763 in Maria Gail Maria Weber, welche vom vlg. Murouz in Faak gebürtig war. Nur zwei Kinder scheinen in den Taufbüchern der Pfarre auf: Jakob und Agnes. Für damalige Zeiten war das eine erstaunlich geringe Kinderzahl.
Das Seelenstandsverzeichnis der Pfarre St. Stefan bei Finkenstein von 1777 (mit Nachträgen) zeigt uns folgende Bewohner der Popounjak-Keusche Nr. 18 in Goritschach:
- Maria Smolin, 48 Jahre, Witwe des ehemaligen Familienvaters [geb. Weber]
- Jacobus, Sohn, 34 Jahre, Familienvater
- Maria Grailin, 42 Jahre [seine Frau]
- Catharina Preinzin, 23 Jahre [eine uneheliche Tochter der Maria Smole geb. Weber]
- Peter, Sohn, 8 Jahre [nachgetragen ca. 1799]
- Kasper, Sohn, 3 Jahre [nachgetragen ca. 1799]
Da Anton im Jahr 1772 bereits verstarb, übernahm der Sohn Jakob den Hof. Jakob wurde am 11. Juni 1765 in Goritschach geboren und heiratete am 3. Feb. 1790 Maria Greile aus Mallestig. Das Paar hatte 4 Kinder, doch nur Peter und Kasper kamen über das Kinderalter hinaus.
Der Verlassakt der Maria Smole geb. Weber
Von Maria Smole geb. Weber, der Witwe nach Anton Smole, hat sich der Verlassakt des Ortsgerichts der Herrschaft Finkenstein erhalten. Die Abhandlung fand am 10. März 1804 durch den Pfleger Vinzenz von Cannal statt. Sechs Tage zuvor war sie verstorben und hinterließ 3 erbberechtigte Kinder. Das einzige eheliche Kind, dass sie überlebt hatte war Jakob, der die Popouniak-Keusche bereits 25 Jahre im Besitz hatte. Weiters sind im Verlassakt zwei uneheliche Kinder zu finden: Gregor Zenz kam 6 Monate nach der Heirat von Maria zur Welt kam. Sein Vater war Gregor Zenz aus Faak. Er war später Knecht beim Klatzer in Kratschach und starb dort am 2. Feb. 1848 im Alter von 84 Jahren. Das zweite uneheliche Kind kam wesentlich später zu Welt — nämlich 1776, nach dem Tod des Ehemannes. Sie hieß Katharina Preinz. Ihr Vater war Georg Preinz, Keuschler in Mallestig. 1842 starb sie als verehelichte Ottowitz in St. Magdalen bei Villach an der Ruhr.
Als Vermögen der Maria Smole wurden folgende Gegenstände aufgeführt:
- 1 Gewandtruhen zu 3 fl
- einige unbedeutende Kleidungsstücke zu 2 fl
- 1 Wollenkartatschen zu 20 kr
- 1 alte Bettstadt samt Gewand zu 1 fl
- 2 Zenten Stroh und 1 Zenten Heu zu 3 fl
- Forderungen an Sohn Jakob zu 10 fl
Dem gegenübergestellt wurden die Ausgaben:
- Funeral Kösten (=Begräbniskosten) bei der Pfarre St. Stefan, ausgelegt durch Sohn Jakob Smole: 8 fl 39 kr
- Begräbniskosten von Jakob Smole zu Hause: 10 fl
Nach Abzug sämtlicher Gebühren für die Herrschaft Finkenstein blieb ein Reinnachlass von 3 fl 22 kr übrig.
Man kam in der Abhandlung überein, dass mit diesem Geld Jakob Smole einen Jahrestag verrichten werde.
Die Smole im 19. und 20. Jahrhundert
Peter wurde am 14. Juli 1791 in Goritschach 18 geboren. Als der Vater Jakob am 8. Dez. 1806 an einer Lungenentzündung starb, waren die zwei Söhne noch minderjährig, dennoch übernahm Peter am 29.12.1806 das Anwesen. Was mit dem jüngeren Sohn Kasper geschah, wird in einem späteren Kapitel behandelt. Peter heiratete am 4. Juni 1811 in der Filialkirche in Gödersdorf recht jung die ebenso junge Maria Beneth, welche in St. Job (damals Oberlatschach) geboren wurde. Ihr Name wird in unterschiedlichen Varianten wiedergegeben, von Wenath bis Minatti. Von diesem Paar sind in den Geburtenbüchern 6 Kinder eingetragen. Peter starb am 10. Jän. 1861 als Witwer an einer Lungenlähmung. Er hinterließ mit Andreas nur einen Sohn. Seine Frau Maria ist bereits 9 Jahre zuvor an Wassersucht verstorben.
Andreas war also der logische Hoferbe. Er wurde am 24. Dez. 1825 geboren und ehelichte am 23. Feb. 1846 in St. Stefan die 22jährige Anna Ulbing. Ihr Vater war Schmied und besaß die Schmied- oder Kovač-Keusche Nr. 1 in St. Stefan, welche bereits seit einigen Generationen in Familienbesitz war. Von den 5 bezeugten Kindern des Paares überlebte wiederum nur ein einziger Sohn: Gregor, geb. am 6. März 1860.
Andreas starb am 1884 und seine Frau Anna folgte ihm 1893 nach. Gregor heiratete eine Frau aus Ratschach (Rateče) im heutigen Slowenien. Sie hieß Helena Branc und wurde am 13. Feb. 1875 ebendort geboren. Deren Vorfahren waren über viele Generationen an der Oberen Branc-Hube in Ratschach. Im Mittelalter gehörte dieser Ort im oberen Savetal sogar zur Urpfarre Maria Gail, wurde aber später aufgrund der Entfernung und der im Winter beschwerlichen Anreise über den Wurzenpass zu einer eigenständigen Pfarre.
Am 12. Mai 1895 erfolgte die Trauung des Paares in der Filialkirche St. Margaretha in Mallestig durch den Pfarrer Georg Jermann. Zwischen 1896 und 1913 erblickten 13 Kinder das Licht der Welt. Wie es damals üblich war, bekam die Braut als Mitgift eine Bauerntruhe von ihren Eltern mit zu ihrem neuen Wohnsitz. Diese Truhe wurde nach dem Tod von Helena an deren jüngste Tochter Valentine vermacht. Valentine starb als letzte der Smole-Kinder im Jahre 2012 im Alter von 94 Jahren. Die Brauttruhe befindet sich heute im ethnografischen Museum in Rateče.
Von den 13 von Helena geborenen Kindern, starben 2 bereits als Kind, die älteste Tochter Anna wurde nur 18 Jahre alt. Im Zweiten Weltkrieg fielen die Söhne Andreas und Alois, der erstere in Rußland, der zweite in Norwegen. Ein besonders tragisches Schicksal musste die Tochter Magdalena Smole erleiden. Sie wurde Opfer des NS-Staates und kam 25. Aug. 1940 im Schloß Hartheim im Rahmen der damals praktizierten NS-Euthanasie ums Leben. Die wahren Umstände ihres Todes (durch Dieselabgase) wurden freilich durch die NS-Behörden verschwiegen. Wie es damals so üblich war, wurden den Angehörigen mittels amtlicher Bestätigungen erdichtete Todesursachen vorgegaukelt.

Gregor Smole starb bereits 1936, seine Frau Helena im Jahre 1953. Der älteste Sohn Josef Gottfried Smole übernahm das Anwesen vulgo Popuniak. Er heiratete am 5. Feb. 1940 Anna geb. Urschitz, welche von der Oprießnigg-Hube in St. Job gebürtig war. Josef Gottfried starb bereits 1962, seine Frau Anna überlebte ihn um Jahrzehnte. Sie erreichte ihr Lebensende mit stolzen 97 Jahren am 12. Okt. 2010 im Kreise ihrer Familie. Sie hinterließ einen Sohn und sechs Töchter. Meine Mutter Augusta ist leider bereits 1973 an einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Der Feldkirchner Zweig
Lange Zeit wusste ich nicht, was mit Kasper Smole wurde, welcher einige Zeit in Obergreuth wohnte, doch dann stolperte ich in den Ossiacher Matriken über einen Eintrag eines Sohnes.
Kasper Smole wurde 20. Sep 1796 in Goritschach 18 geboren. Am 22. Juli 1816 heiratete er in St. Stefan bei Finkenstein Maria Moser. Zu dieser Zeit war er Pächter der Neudieser- oder Neuwirth-Hube in Obergreuth 7. In Obergreuth kamen vier Kinder zur Welt: Johann, Josef, Jakob und Gregor. Bis ca. 1830 lebte er in Obergreuth. 1831 war er bereits Besitzer der Christian-Hube auf der Pollenitzen bei Feldkirchen. 1832 kam dort die Tochter Maria auf die Welt. Der jüngste Sohn Gregor übernahm die Christian-Hube, die anderen drei Brüder besaßen alle Huben in der näheren Umgebung: Johann, die Großrobinig-Hube in Bösenlacken 4; Josef, die Schusterbauer-Hube in Altossiach 6 und Jakob war Besitzer der Krall-Hube in Rottendorf 3. Kasper starb am 5. Apr. 1866 Rottendorf 13, Pfarre Feldkirchen in Kärnten. Dieser Feldkirchner Zweig hat bis heute Nachkommen.
Forschungsausblick
Woher Primus I. stammt, bleibt nach wie vor im Unklaren. Der Name Smole kommt in vielen Gegenden, auch in der Schreibweise Smolle, Smoly, Smolej usw., vor. Es kann aber mit Sicherheit gesagt werden, dass Primus nicht aus dem Landgericht Finkenstein stammte. Dass er Taufpate bei einer Familie aus Kopein war, könnte ein Hinweis auf eine Herkunft aus dem Rosental sein. In der Pfarre St. Jakob im Rosental gab es z.B. in Gorintschach Smole. Weitere Forschungen werden notwendig sein. Der heilige Primus sowie sein Bruder Felicianus sind die Kirchenpatrone der Wallfahrtskirche in Maria Wörth. Der Vorname könnte in dieser Gegend beliebt gewesen sein.
Im März 2014 übergab ich meinem Onkel Josef Smole den von mir gestalteten Stammbaum der Familie Smole, der 9 Generationen umfasst.
